Johann von Salisbury, 1115 - 1180

Johann von Salisbury, Policraticon, franz. Übersetzung von von 1372Johann von Salisbury wurde um das Jahr 1115 in Salisbury in der Herrschaft Wessex geboren. Er wurde Geistlicher und mit 20 Jahren zog er zum Studium nach Frankreich. Sein erster Lehrer war vermutlich Abaelard. Er hörte ihn im Jahre 1136 auf dem Genovefa-Berg bei Paris. Dann zog er weiter nach Melun und Chartres. In Melun studierte er in der von Abaelard gegründeten Schule bei dessen Schüler Robert von Melun. Bis zum Jahre 1148 waren auch Alberich von Reims, Wilhelm von Conches und Gilbert de la Porrée seine Lehrer. Eine lebenslange Freundschaft verband Johann von Salisbury mit Abt Peter von Celle von Montier-la-Celle bei Troyes, der mit ihm in Paris studiert hatte. Vor 1147 verbrachte er einige Zeit in dessen Kloster. Später - während seines Exils  - werden sich beide in Reims wieder treffen: Peter von Celle wurde später Abt von Saint-Remi. Im Jahre 1182 folgte er sogar Johann ins Bischofsamt von Chartres nach.

Auf Empfehlung Bernhards von Clairvaux wurde Johann zunächst - nach seiner Rückkehr nach England - im Jahre 1147 Sekretär des Erzbischofs Theobald von Canterbury. Als Heinrich Plantagenet, Graf von Anjou und Herzog der Normandie und Aquitaniens, im Jahre 1154 König von England wurde, bahnte sich ein Konflikt mit der Kirche an, da Heinrich versuchte, den Prestigeverlust seines Vorgängers Stephan wieder rückgängig zu machen. Sein wichtigstes politisches Ziel war die erneute Einsetzung der königlichen Gerichtsbarkeit über den Klerus von England. Im Jahre 1162 wurde Heinrichs Freund und Kanzler Thomas Beckett zum Erzbischof von Canterbury gewählt. Doch Thomas führte überraschenderweise ein Leben in mönchischer Strenge - im Dienste der Armen und der englischen Kirche - jedoch nicht unbedingt im Sinne des Königs. Es kam zum Eklat.

Im Jahre 1163 musste Johannes, der Sekretär des neuen Erzbischofs, auf das Festland fliehen, im Jahre darauf folgte ihm Thomas Beckett, nachdem der König ihm den Prozess wegen Landesverrats gemacht hatte, nach. Jahre des politischen Kampfes folgten, eingebunden in die großen Auseinandersetzungen zwischen Friedrich Barbarossa, seinem Kanzler Rainald von Dassel, Papst Alexander III., dem staufischen Gegenpapst Viktor IV., dem französische König Ludwig VII. und dem englischen König Heinrich II. Im Juli des Jahres 1170 kam eine Vereinbarung zwischen Papst Alexander III., König Heinrich II. und Erzbischof Thomas Beckett zustande. Thomas konnte nach Canterbury zurückkehren, weigerte sich aber weiterhin, die von König Heinrich eingesetzten englischen Bischöfe zu bestätigen, ehe nicht diese dem Papst die Loyalität erklärt hatten. Mit Gutheißen des englischen Königs wurde der Erzbischof in vollem Ornat am 29. Dezember des Jahres 1170 während des Abendgottesdienstes in seiner Kathedrale in Canterbury von vier Rittern erschlagen.

Johannes von Salisbury war glücklicherweise in Frankreich geblieben und fand dort soviel Unterstützung, dass er im Jahre 1176 zum Bischof von Chartres gewählt wurde. Noch vier Jahre hatte er dieses Amt inne; er war der letzte große Lehrer der Schule von Chartres. Johann verstarb dort im Jahre 1180.

Johann von Salisbury war ein Freund von Thomas Beckett und sowohl dessen als auch Anselms von Canterbury Biograph. In seiner historischen Denkweise und dem damit zusammenhängenden eklektischen Philosophieren sowie seiner Vorliebe für Cicero und Platon und in der eleganten Verbindung der Logik mit der Rhetorik zeigte er bereits Charakterzüge eines frühen Humanismus. In der Psychologie drang er auf die empirische Art der Untersuchung, er bemühte sich, das Ineinanderwirken der verschiedenen Seelentätigkeiten darzulegen. In der Ethik rückte er die Liebe in den Mittelpunkt, betonte aber auch das Utile.


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