Von Gottfried Graumantel bis Peter Abaelard:
© Dr. Werner Robl, November 2005
Galt bisher Le Pallet eher als unbedeutender Marktflecken der südlichen Bretagne und insgesamt als ein Nebenschauplatz in der Biographie Peter Abaelards, so muss sich diese Sicht jetzt ändern:
Der Donjon von Le Pallet, in dessen Schatten Peter Abaelard geboren wurde, ist ein historisches und architektonisches Kleinod!
Die ruinösen Überreste des Turmes, die erst kürzlich vom überwuchernden Dornengestrüpp befreit wurden und nun wieder zugänglich sind, repräsentieren nicht nur den größten, sondern mit einem Erbauungsdatum 984 auch den ältesten romanischen Viereck-Donjon des französischen Westens. Der Turm gehörte bis wenige Dekaden vor Abaelards Geburt nicht etwa zur Bretagne, sondern zum angevinischen Herrschaftsgebiet. Sein Erbauer war kein Geringerer als der legendäre Graf des Anjou, Gottfried Graumantel, der nahezu zeitgleich auch das burgundische Kloster, in dem Peter Abaelard später begraben werden wird, reformierte und ausstattete: Saint-Marcel bei Chalon.
Diese und andere Denkwürdigkeiten, die bisher von der etablierten Geschichtsschreibung übersehen wurden, ließen sich aus einem spärlichen Dokumentenschatz zu Le Pallet mittels eines Netzes von Indizien und Querverweisen zu anderen Quellen extrapolieren. Die Ergebnisse waren es wert, die gesamte mittelalterliche Geschichte von Le Pallet neu aufzurollen. Der dazugehörige Bericht, der insgesamt 415 DIN A4-Seiten umfasst, liegt hier in einer vorläufigen Version als e-Buch vor, welches von den Interessenten kostenfrei per Download bezogen werden kann:
Von Gottfried Graumantel bis Peter Abaelard: Der Donjon von Le Pallet und seine Herren im Spiegel der Zeitgeschichte
- Online-Buch im PDF-Format (ca. 5,5 MB), 415 Seiten DIN A 4, Version 2013 -
Klicken Sie zum Download auf das Bild!
Achtung: Im Herbst 2020 ist diese Chronik auch komplett in französischer Sprache und zusätzlich in Druckform erschienen, übersetzt von François-Xavier Moinet, um sie den Bewohnern von Le Pallet nahe zu bringen. Wir danken François-Xavier für die immense und exzellente Arbeit, die er sich gemacht hat!
Der Download-Link zur französischen Version findet sich [hier]!
Schon Jahre zuvor hatte Henri Demangeau Auszüge in französischer Sprache angefertigt. Vielen Dank an für die [Übersetzung]!
In eigener Sache
Einleitung
Teil 1: SpurensucheDer Burghügel von Le Pallet heute
Die architektonische Evidenz
Die dokumentarische Evidenz
Eine Datierungshypothese
Die physikalische Evidenz
Palatium - das Rätsel eines Namens
Die „Unzeiten“ des Palatium von Le Pallet
Petrus episcopus de Palatio
Teil 2: Le Pallet und das Nantais südlich der Loire - von den Anfängen bis ins Spätmittelalter
Von der Steinzeit bis zur gallorömischen Epoche
Die Zeit der Westgoten
Bischof Felix von Nantes und die Mission des Heiligen Martin von Vertou
Von den Merowingern zu den Karolingern
Der Kampf um Nantes und der Exodus der Mönche von Vertou
Die Zeit der bretonischen Könige
Zerstörung Le Pallets unter den Normannen
Die „Befreiung der Bretagne“ durch Alain Dröselbart
Das Nantais unter Fulko dem Guten
Gottfried Graumantel und sein Kampf im Westen
Die Geburt des Oppidum von Le Pallet
Strategische und politische Bedeutung des Turms von Le Pallet
Grundsätzliche Überlegungen zum Bau einer Garnisonsstadt des 10. Jahrhunderts
Das Priorat Saint Etienne und der erste Burgus von Le Pallet
Rainald von Thorigné und die Hegemonialpolitik des Anjou
Rainald von Thorigné und der Heilige Martin von Vertou
Offene Fragen zum ersten Burgherrn von Le Pallet
Die Erschließung der Mauges unter Gottfried Graumantel
Die Herren von Beaupréau
Die Festung Petit-Montrevault
Die westlichen Mauges bis Le Pallet
Das Oppidum und seine Einfriedung
Das Leben in einem Oppidum
Das Nantais zwischen Gottfried Graumantel und Fulko Nerra
Le Pallet und die neue Strategie Fulkos Nerra
Der Bruch mit dem Rainaldi-Clan
Rancune gegen Fulko Nerra in den Miracula Sancti Martini Vertavensis
Bischof Walter von Nantes und die Rennes-Partei
Die weitere Entwicklung im Anjou
Unruhen im Westen des Anjou
Zeitenwende: Die letzten Jahre Fulkos Nerra
Die Jahre zwischen 1040 und 1060
Der Aufstieg des Hauses Cornouaille
Sukzessionskrise im Anjou
Die Revolte Fulkos Normannus von Petit-Montrevault
Die Grafschaft Anjou und das Herzogtum Bretagne bis 1084
Die Restauration der Altrechte von Saint-Serge und Saint-Bach
Peter Abaelard – die Geburt eines mittelalterlichen Genies
Angevinisch-bretonische Allianz: Alain Fergent und Ermengard von Anjou
Kindheit und Jugend Peter Abaelards in Le Pallet
Die letzten Jahre Daniels de Palatio
Die Entstehung der Grenzmarken
Die Konversion von Abaelards Mutter Lucia
Ein Herr von Le Pallet namens Herveus
Fulko V. von Anjou und Conan III. der Bretagne
Heimataufenthalte Peter Abaelards – Heloïsa in Le Pallet
Renaissance des Weinbaus in Le Pallet
Mein de Palatio - der Letzte des Hauses Le Pallet ?
Die Sukzessionskrise in Nantes und die Morgendämmerung der Plantagenêts
Der Untergang des ersten Hauses Le Pallet
Die Assise des Herzogs Gottfried und ihre Folgen
Die Bretagne im Griff der Kapetinger
Der Rebell Theobald Crispinus von Champtoceaux
Regent-Herzog Peter I. von Dreux
Interim unter Yolande der Bretagne: Le Pallet und die Vizegrafschaft Rezé
Templer und Hospitaliter in Le Pallet
Die Familie Souvain
Erneute Sukzessionskrise im 14. und 15. Jahrhundert
Der Streich Margeritas von Clisson
Die Zerstörung des Donjon von Le Pallet
Ausblick: Le Pallet bis zur französischen Revolution
Resümee
Epilog
Chronologie
Quellen
Konzilsakte von Agde
Diplom Karls des Kahlen aus dem Jahr 862
Pancarta Ludwigs VI. von 1123
Schenkung des Tescelin von Grand-Montrevault
Schenkung des Hubert Borellus
Bestätigung Herzog Alains IV. Fergent, bzgl. einer Schenkung seines Vaters Hoël
Schenkung des Daniel de Palatio an das Kloster Marmoutiers
Schenkung des Hamo an Saint-Florent
Schenkung des Daniel de Palatio an Saint-Serge und Saint-Bach bei Angers
Schenkung des Guido von Saint-Quentin an das Kloster Saint-Serge und Saint-Bach in Angers
Trostbrief des Fulko von Deuil, gerichtet an Peter Abaelard
Auszüge aus Peter Abaelards Dialectica
Urkunde des Kloster Notre-Dame-du-Ronceray in Angers von 1128/1129
Urteil Conans III. über den Weinbau von Le Pallet
Auszüge aus Abaelards Historia Calamitatum
Chirograph für Saint-Sulpice-la-Forêt bei Rennes
Chronik Richards von Poitiers - Auszug
Charta über Abaelards Sohn Astralabius
Obituarium des Paraclet - Auszüge
Johann von Salisbury - Metalogicon
Bulle des Papstes Alexander III. von 1179
Urkunde des Seneschall Brientius Maillart über einige Lehen bei Rezé
Titel des Klosters Marmoutiers für das Priorat von Lamballe
Urkunde vom Juli 1247
Schenkung an die Abtei Villeneuve, anlässlich des Todes von Yolande de Dreux
Wechsel vom Bail zum Rachat, zugunsten des Herrn von Le Pallet
Vertrag des Maurice Maignen mit dem Herrn von Le Pallet, Peter Souvain
Pouillés der Diözese Nantes
Pensionsregister des Klosters Saint-Jouin-de-Marnes von 1579
Pouillé général von 1641/1648
Bericht des Archidiakon Binet
Benefizien der Abtei Saint-Jouin-de-Marnes
Abbé J.-J. Expilly: Le Pays Nantais et le diocèse de Nantes
Notiz des M. Verger über Le Pallet
Berichte des Architekten für die historischen Denkmäler, M. Nau, von 1851 390
In eigener Sache
Es begann mit einem vagen Eindruck ...Nachdem ich im Sommer 2003 unter der fachkundigen Führung Françoise und Guy Demangeaus von Association Culturelle Pierre Abélard in Le Pallet die Überreste der dortigen Turmburg besichtigt hatte, ließ mich der Gedanke nicht mehr los. Es handelte sich hier weißgott um kein himmelragendes Bauwerk. Aber der ruinöse Mauerring aus Bruchstein, der durch landschaftsgärtnerische Maßnahmen gerade von grünen Schleier der Jahrhunderte befreit worden war, strahlte monumentale Würde aus. Seit Jahrhunderten lag er da, schwer in Mitleidenschaft gezogen und von den Durchreisenden wenig beachtet, aber dennoch unverfälscht und jungfräulich in seiner Substanz - gerade so, wie er dem planenden Geist seines Erbauers entsprungen war. So erhob er sich vor meinem inneren Auge neu: Schlicht zwar in der Ausführung, aber von immenser Masse. Er war alt, sehr alt sogar - Relikt aus grauer Vorzeit, steingewordener Atavismus ...
Wer hatte diesen Turm erbaut und zu welchem Zweck? Ist es etwa jener Turm, der der Ortschaft zu ihrem mittelalterlichen Namen Palatium - der Palast - verholfen hat?
Ich begann zu recherchieren. Nicht zuletzt ging es mir auch um den Philosophen und Theologen Peter Abaelard, der 1079 hier geboren wurde. Seiner biographischen Forschung hatte ich schon einige Jahre meines Lebens gewidmet. Nun aber ging es um mehr als um die Definition eines Geburtsortes. Es ging um seine gesamte Geschichte, um seine Anfänge.
Je hartnäckiger die Chroniken und Annalen zu den gestellten Fragen schwiegen, desto mehr brannten sie unter den Nägeln. Es existiert aus der Frühzeit lediglich eine Handvoll Quellen, die den Namen Le Pallet referieren, mehr nicht. Die dokumentarische Vernachlässigung des Ortes steht in krassem Widerspruch zum architektonischen Substrat. Le Pallet, dieser alte Durchgangsort an der Schnittstelle dreier politischer Zonen, des Anjou, des Poitou und der Bretagne, hat ganz unübersehbar ein individuelles Karma, welches ihn daran hinderte, aus dem Dunkel der Geschichte zu treten.
Wurden die Burg von Le Pallet und ihre Herren von den Chronisten bewusst verschwiegen? Und wenn ja, warum?
Die nachfolgende Studie ist das Resultat einer langwierigen Recherche, die aus der Distanz von mehr als tausend Kilometern Entfernung heraus durchgeführt wurde. Sie war überhaupt nur möglich, weil sie durch liebe Freunde vor Ort - Françoise und Guy, Marinette und Henri, sowie Mme und M. Roucou - eine aufopfernde Unterstützung fand. Ihnen sei an dieser Stelle besonders gedankt.
Es geht im Folgenden darum, durch Kombination topographischer, architektonischer und prosopographischer Details einen Gestalt zu zeichnen. Wenn schon die Primärquellen derart unergiebig sind, so sollen wenigstens die Erkenntnisse der überregionalen Geschichtsschreibung so auf den Ort Le Pallet projiziert werden, dass ein differenziertes Bild der Lokalgeschichte entsteht. Vielleicht gelingt es dadurch, auf die eingangs gestellten Fragen eine plausible Antwort zu finden. Zumindest aber mag der interessierte Leser einen Einblick in das Leben vergangener Zeit gewinnen, einen Einblick, der den Rahmen enzyklopädischer Geschichtsschreibung überschreitet.
Ich denke, dass die erarbeiteten Resultate das Wagnis wert waren; denn am Ende steht fest: Die Turmburg von Le Pallet ist ein historisches Unikat - dazu geeignet, die etablierten Konzepte der Architektur- und Landesgeschichte Frankreichs in einigen wichtigen Punkten zu modifizieren und zu erweitern.
Begeben wir uns auf die Reise in die Vergangenheit ...
Einleitung
„Ego igitur oppido quodam oriundus quod in ingressu minoris Britannie constructum ab urbe Namnetica versus orientem octo credo miliariis remotum proprio vocabulo Palatium appellatur sicut natura terre mee vel generis animo levis ita et ingenio extiti et ad litteratoriam disciplinam facilis ...“
„Ich bin in einer Festung am Eingang zur Bretagne geboren, die ungefähr acht Meilen östlich von Nantes gelegen ist und den Eigennamen ‚Palatium’ trägt. Erwies ich mich aufgrund der Wesensart meiner Heimat bzw. meiner Abstammung als leichtherzig, so zeigte ich in demselben Maße auch Talent und Eignung für eine wissenschaftliche Laufbahn ...“Mit diesen Worten leitete der Philosoph und Theologe Peter Abaelard, dessen Leben zwischen 1079 und 1142 mich schon einigermaßen beschäftigt hat, die „Geschichte seiner Missgeschicke“ ein. Gemeint ist jener autobiographische Bericht, der seinen Verfasser - abgesehen von den dramatischen Lebensereignissen, die er wiedergibt - vor allem wegen der ausgedrückten Gefühlslagen berühmt machte und ihm posthum einen bedeutenden Platz in der Literatur- und Geistesgeschichte verlieh. Peter Abaelard schrieb den betreffenden Satz nicht aus großer räumlicher Distanz. In den Jahren zwischen 1130 und 1133, in denen er die Niederschrift bewerkstelligt haben muss, weilte er in nur 130 Kilometern Entfernung, in Saint-Gildas-en-Rhuys in der nördlichen Bretagne. Dieser Landesteil stellte für den gebildeten Philosophen wegen der fremden Sprache und der ungehobelten Bevölkerung alles andere als eine geistige Heimat dar. Es scheinen für Peter Abaelard Welten zwischen Saint-Gildas und Le Pallet gelegen haben, wenn er mit der besonderen Qualität des Mutterbodens nicht nur seine Intelligenz und sein wissenschaftliches Talent begründete, sondern auch seinen „animus levis“, also jenen Charakterzug, der ihm Zeit seines Lebens trotz aller fachlichen Eignung viel Ungemach und Anfeindung einbrachte. Nur ungenügend ist der facettenreiche Begriff in eine deutsche Übersetzung zu fassen: Neben einer gewissen Unbeschwertheit des Gemüts versinnbildlicht er auch eine gehörige Portion Leichtsinn, einen Freigeist, vielleicht auch ein aufbrausendes Wesen, Begeisterungsfähigkeit, lockere Manieren und eine legere Lebensart. In seiner Ambivalenz nimmt er - wie der weitere Verlauf der Autobiographie erweist - ganz unverkennbar schon am Anfang deren Quintessenz vorweg: Ruhm und Verdammnis, Schuld und Sühne werden zum einmaligen Erbe des heimatlichen Bodens und der Vorväter: So bin ich, Peter Abaelard, geboren worden. Gott helfe mir: Ich kann nicht anders!
Die fast tausendjährigen Worte zeigen also Gewicht und geben Anlass, die Heimat Peters Abaelard aufzusuchen und nach den Spuren zu suchen, die der Sturmwind der Geschichte dort übrig gelassen hat. Es geht u. a. darum, eine Antwort auf die Frage zu finden, inwiefern die „Natur des Heimatbodens und der Familie“ für den Aufstieg und Fall eines mittelalterlichen Genies mitverantwortlich sein konnte [...]
Resümee
In der vorliegenden Arbeit ging es in erster Linie darum, die Kluft zwischen der eindrucksvollen Architektur der Burg Le Pallet und ihrer dokumentarischen Bedeutungslosigkeit zu schließen. Desgleichen sollte sich der eigenartige Widerspruch klären, warum aus Le Pallet zwar ein Philosoph von Weltbedeutung, aber nicht ein einziger Politiker von Rang und Namen hervorging. Daneben faszinierte der Name des Ortes als solches; er reflektiert einen hohen Anspruch und bedurfte einer Erklärung: Palatium meint immerhin einen richtigen Palast, ein fürwahr ungewöhnliches Attribut für einen Ort der vorliegenden Großenordnung.
Es wäre vermessen zu behaupten, auf den zurückliegenden 300 Seiten wäre die Geschichte Le Pallets minutiös aufgezeichnet worden. Zu locker und weitgeknüpft ist das Netz der historischen Information, zu zahlreich sind die Variablen und Unbekannten, um einen derart hohen Anspruch vertreten zu dürfen. Eine archäologische Analyse des Ortes, welche die Befunde untermauern könnte, lässt bis dato auf sich warten.
So handelt es sich bei unserem Bericht vornehmlich um einen chronologisch angeordneten Quellenkommentar, durchsetzt mit Hintergrundinformationen zur gesamten Region, erst in zweiter Linie um eine Rekonstruktion der Geschichte Le Pallets im eigentlichen Sinn. Die Bildgestalt eines verlorenen Mosaiks wurde dadurch erschlossen, dass die zwischen den Originalteilen klaffenden Lücken mit einem Füllmaterial aus Querverweisen, Indizien und Rückschlüssen aus der Regionalgeschichte ausgeglichen wurden. Historischer Purismus, der nur das für gegeben hält, was als hieb- und stichfest, mit Namen und Datum, mit Beweis und Gegenprobe nachgewiesen werden kann, wäre hier fehl am Platz gewesen; er hätte unweigerlich zum Scheitern des Vorhabens geführt. „Il faut faire des hypothèses - Es ist notwendig, Hypothesen aufzustellen!“ Dieses ermunternde Wort des Lokalhistorikers M. Kervarec, der uns freundlicherweise zu einem Gespräch empfing, war uns Auftrag und Bestätigung zugleich. Am Ende entstand tatsächlich ein Bild, virtuell zwar in manchen Teilen, aber einigermaßen in sich schlüssig. Es ließ sich ein roter Faden spinnen, der viele Phänomene, die - für sich allein gesehen - schwer verständlich wären, in eine geordnete Abfolge und einen plausiblen Gesamtzusammenhang brachte. Darüber hinaus zeitigte die Recherche auch einige Überraschungen. Am Ende war ich mir sicher, dass in einigen Punkten die Werke der Landes- und Architekturgeschichte umzuschreiben sind.
Fassen wir zusammen:
Die Burgruinen von Le Pallet repräsentieren bei einem angenommenen Alter von 1020 Jahren und einem Erbauungsdatum 984 nicht nur den ältesten, sondern auch den größten Viereck-Donjon, im Westen Frankreichs, südlich der Loire. Es handelt sich quasi um einen architektonischen Urtyp, aus dem heraus sich weitaus bekanntere Donjons entwickeln konnten, z. B. diejenigen von Montbazon, Langeais oder Loches. Auch wenn vom einstigen Bauwerk, welches einst über 20 m hoch gewesen sein dürfte, nur noch einige Grundmauern und Fundamente erhalten geblieben sind, so ist dieses Manko durch den Umstand ausgeglichen, dass es sich dabei um architektonische Reinsubstanz handelt. Der Burgberg von Le Pallet ist nach der Zerstörung des Donjon im Jahr 1420 nie in größerem Umfang überbaut worden; insofern wäre die archäologische Exploration des gesamten Geländes ein lohnendes Ziel, dazu geeignet, über eine bestimmte Phase der Landesgeschichte mehr Information zu gewinnen.
Nicht minder ungewöhnlich und bislang völlig unerkannt geblieben ist die Tatsache, dass der Donjon von Le Pallet in seiner ersten Zeit nicht zur Bretagne, sondern zum Anjou gehörte. Er lag am westlichsten Punkt des angevinischen Territoriums, so wie es von seinem Erbauer, Graf Gottfried Graumantel von Anjou, einst definiert worden war. Damit müssen die historischen Landkarten des Pays de Mauges, die den Sachverhalt ganz anders wiedergeben, umgezeichnet werden.
Die besonderen Umstände, unter denen der Donjon noch vor dem Jahr 1000 errichtet wurde, lassen interessante Rückschlüsse darüber zu, wie sich die Strategie der angevinischen Grafen bei der Konsolidierung ihrer Macht von einer Generation zur nächsten änderte. B. Bachrachs bahnbrechende Analysen über die Politik der Grafen Gottfried Graumantel und Fulko Nerra erfahren am konkreten Beispiel z. T. Bestätigung, z. T. Modifikation und Erweiterung. „Fulko Nerra baute auf den Anstrengungen Gottfrieds Graumantel auf, der in den letzten Jahren seiner Herrschaft den Prozess anstieß, einen Territorialstaat aus der Anhäufung von Land und Herrschaften unter angevinischer Jurisdiktion im Westen des Frankenreichs zu organisieren ...“ Der Entwurf des Oppidum von Le Pallet war das Resultat einer derart expansiv-offensiven Doktrin.
Unterstützt von seinem angevinischen Senior, scheint der erste Kastellan von Le Pallet für einige Jahre eine stabile Position im Westen der Mauges eingenommen zu haben. Die politisch-topographischen Umstände - angevinische Enklave im Schnittwinkel dreier konkurrierender Provinzen - sprechen für eine gewisse Ungebundenheit. Als Abkömmlinge der ehemals bretonischen Mark träumten die frühen Herren von Le Pallet vielleicht den Traum einer „karolingischen Renaissance“ im Outre-Loire. Dieser Status wird auch durch den Grand-Allodier und Vizegrafen Rainald von Thorigné symbolisiert, der nach den verheerenden Überfällen der Wikinger die einzige Autorität vor Ort verblieben war und den Aufbau von Le Pallet entscheidend unterstützte.
Es muss ein Schock gewesen sein, als nach dem Abgang der Garanten Rainald von Thorigné und Gottfried Graumantel plötzlich ein kalter Wind aus Osten wehte. Der neue Graf des Anjou, Fulko Nerra, zeigte keine Anstalten, die Politik seines Vaters fortzusetzen bzw. den Standort Le Pallet weiterzuentwickeln. Angesichts einer geänderten politischen Doktrin erschien dessen Lage plötzlich als relativ ungeeignet, Teil eines Netzes von Standorten zur Sicherung der Westgrenzen zu werden. Für die im Jahr 992 bei der Belagerung von Nantes und der Schlacht von Conquereuil angewandten Offensiv-Strategie trug der Stützpunkt Le Pallet vermutlich wenig bei. Eine Brückenfunktion nach Süden fiel spätestens im Jahr 994 weg, als die Herren von Thouars die Koalition mit dem Anjou aufkündigten. Die Verbindungswege zu den Zentren der Mauges waren ihrerseits zu unwegsam, als dass sie allein den ständigen Schutz des Standorts hätten gewährleisten können. Dies galt umso mehr, als in den drei Sitzen Beaupréau, Petit-Montrevault und Le Pallet Familien aus der Grafschaft Rennes residierten, die aufgrund ihrer Herkunft für Fulko Nerra als latent unzufrieden und sezessionsbereit gelten mussten. Es gelang Fulko Nerra, die beiden erstgenannten Sitze durch eine Kontrollinstanz, nämlich die Burg Grand-Montrevault, die er in die Hände der Vizegrafen von Vendôme gab, zu neutralisieren und damit ausreichend zu loyalisieren. Le Pallet lag jedoch zu weit im Westen und zu nahe an Nantes, als dass die Kontrolle von Grand-Montrevault aus sicher funktioniert hätte. So deutet alles daraufhin, dass Fulko Nerra bei seinen weiteren Planungen den Standort Le Pallet fallen ließ, um die eigentliche Pufferzone mehr im Osten zu installieren.
Damit vermittelt der Bau des Oppidum von Le Pallet sehr anschaulich die Drift, die sich beim Übergang zwischen den Grafen Gottfried Graumantel und Fulko Nerra ergab. War es Gottfried Graumantel mit Konzilianz und diplomatischem Geschick gelungen, wichtige Männer wie die Vizegrafen von Angers oder Rennes in die eigene Politik einzubinden, so riss sein Sohn durch einen rigorosen Regierungsstil dieses Netz wieder entzwei. Bewusst kündigte er die Unterstützung für einige Alliierte seines Vaters auf, ließ vor allem die Rainaldi fallen, belegte den von ihnen geförderten Konvent von Vertou mit drückenden Auflagen, und verlangte der angevinischen Enklave an der Sèvre eine hohe Steuerleistung ab. Für Neuinvestitionen in Le Pallet oder wenigstens eine Entwicklungshilfe scheint in der Zeit bis 1040 kein Platz mehr gewesen zu sein.
Fulko Nerra handelte nichtsdestotrotz mit hohem politischen Instinkt: Für Schwellenmenschen wie Rainald von Thorigné oder die Vizegrafen von Rennes war bei der Neuausrichtung der Grafschaft Anjou kein Platz mehr; sie verschwanden alsbald irreversibel von der politischen Bühne. Daneben ist der Donjon von Le Pallet in seinem kurzfristig eingetretenen Bedeutungsverlust Stein gewordenes Symbol für einen viel grundsätzlicheren Umbruch, nämlich für den Übergang von der Karolinger- zur Kapetingerherrschaft in Frankreich.
Wie immer sich die Ereignisse in und um Le Pallet in den Schicksalsjahren um 1000 konkret abgespielt haben – wir verfügen über keine genaue Information -, es gab dort ein böses Erwachen aus dem angevinischen Traum. Es vergingen fast drei Jahrzehnte, bis es Fulko Nerra gelang, mit der Errichtung der Stützpunkte Saint-Florent-le-Vieil und Montfaucon die Grenzen des angevinischen Herrschaftsgebietes wieder nach Westen vorzuschieben. Zu diesem Zeitpunkt spielte Le Pallet, die Gründung seines Vaters an der Sanguèze, keine aktive Rolle mehr. Selbst wenn der angevinische Einfluss in unmittelbarer Nähe spürbar geworden sein sollte, wofür es einige Indizien gibt, so reichte der starke Arm des angevinischen Grafen nicht mehr bis nach Le Pallet selbst, dessen Herr seine Mouvance verlassen hatte und inzwischen mehr oder wenig offen mit der Bretagne sympathisierte.
Schon einmal in der Geschichte hatte der Ort Le Pallet mit einer Fremdherrschaft die falsche Karte gezogen: Als im ausgehenden 5. Jahrhundert die herrschenden Westgoten im Grenzland südlich der Loire geordnete administrative Strukturen etablierten, um die friedliche Koexistenz ihrer Stammesmitglieder mit den alten römischen Senatorenständen zu sichern, schien für den Standort Le Pallet eine rosige Zeit angebrochen zu sein. Wahrscheinlich diente der Ort in den Anfangsjahren des 6. Jahrhunderts als Verwaltungssitz und/oder Residenz eines orthodoxen Suffraganbischofs von Poitiers, woraus er seinen spezifischen Namen Palatium bezog. Die Entwicklung wurde jedoch durch die von Norden heranstürmenden Merowinger jäh unterbrochen. So blieb der Palast der Westgoten in Le Pallet genauso wie später der Donjon ein ephemeres Phänomen, allenfalls dazu geeignet, das Ende einer Ära zu markieren. Der Ort verfiel in Bedeutungslosigkeit, und nach den Zerstörungen der Normannen im 9. und 10. Jahrhundert war das Wesentliche, was davon geblieben war, ein geschichtsträchtiger Name, nicht mehr.
Ob sich die Herren von Le Pallet dieses ungünstigen Fatums bewusst waren oder nicht: Durch die Geschichte Le Pallets im 11. und 12. Jahrhundert zieht sich das Phänomen „der falschen Seite“ wie ein roter Faden. Es erklärt schlüssig, warum es zu keinem Zeitpunkt einem Kastellan des Ortes vergönnt war, in den Rang der großen Barone aufzusteigen. Allerdings steht zu vermuten, dass der Kastellansfamilie von Le Pallet zur Zeit Fulkos Nerra nicht das gleiche Schicksal beschieden war wie vielen anderen Herrschaften der Zeit, nämlich ein dynastischer Bruch. Der Donjon und die Schlossherrschaft von Le Pallet blieben wohl bis ins 12. Jahrhundert hinein in der Hand ein- und derselben Familie, welche ursprünglich im Pays Gallo der nördlichen Bretagne beheimatet gewesen war.
Dieser Umstand und der Wechsel von der Grafschaft Anjou in die Grafschaft Nantes, der sich etwa in der Mitte des 11. Jahrhunderts vollzogen haben muss, mögen dem damaligen Herrn von Le Pallet ein gewisses Maß an innerer Handlungsfreiheit und lokalem Einfluss verschafft haben. Eine Empfehlung für eine hohe politische Karriere war dieser Status jedoch nicht, wie die weitere Geschichte erweist. Im Übrigen war das nahe Nantes über lange Zeit derart in verfeindete Lager gespalten, dass eine Parteinahme, wie auch immer sie ausfiel, die erbitterte Gegnerschaft von anderer Seite nach sich ziehen musste.
Nachdem der Anschluss ins Anjou gescheitert war, bemühten sich die Palletais umso mehr, der Sache der vereinigten Bretagne zu dienen. Das entschiedene „weg vom Anjou und zurück zur Bretagne“ kam vermutlich erstmals unter dem angevinischen Graf Gottfried Martell zum Tragen und sollte sich unter seinen Nachfolgern noch fortsetzen - bis hin zu einem Zeitpunkt, als die Wiedervereinigung der Bretagne unter dem Haus Cornouaille in greifbare Nähe rückte. Doch wieder hatten die Herren von Le Pallet die Verliererstrasse betreten. Als Gottfried Martell 1057 Nantes und Umgebung eroberte, traten einige lokale Herrn der Region zu ihrem Vorteil der angevinischen Bewegung bei; der Herr von Le Pallet war nicht darunter. Wenige Jahre später probte der erste konkret dokumentierte Kastellan namens Daniel de Palatio - vermutlich der dritte seiner Reihe -, zusammen mit Fulko Normannus von Petit-Montrevault den Aufstand gegen die angevinische Zentralgewalt. Er zog dabei den Kürzeren.
Erst als kurz vor der Jahrhundertwende durch die Heirat zwischen Ermengard von Anjou und Alain IV. Fergent endgültig Frieden zwischen den Grafschaften Anjou und Nantes hergestellt war, erholte sich der Ort Le Pallet einigermaßen von seinen Rückschlägen: Daniel de Palatio erschien nun im direkten Gefolge des Herzogs der Bretagne und konnte dennoch seine alten Besitzungen im Anjou bewirtschaften.
Etwa zur selben Zeit verbrachte der Philosoph Peter Abaelard eine relativ unbeschwerte Kindheit in Le Pallet. Erst mit dem Ende der Herrschaft Herzog Conans III. war dieser Friede in der Region wieder vorbei. Vieles spricht dafür, dass die Herren von Le Pallet ihre Aversionen gegen das Anjou erneut auslebten und wieder scheiterten. Im Jahr 1157, als das Geschick der Grafschaft Nantes in der Schlacht von Rezé vorentschieden wurde, standen sie vermutlich auf der Verliererseite, unter den Plantagenêts spielten sie endgültig keine Rolle mehr.
Der spätestmögliche Zeitpunkt, zu dem das erste Haus Le Pallet in direkter Linie erlosch, ist mit dem Sieg des Kapetingerherzogs Peter von Dreux über den Rebellen Theobald von Champtoceaux im Jahr 1224 anzusetzen. Zwei Jahre später gehörte die Schlossherrschaft Le Pallet zur Apanage der Herzogsfamilie der Bretagne und war damit nur noch eines jener Lehen des Hochfeudalismus, welche zwischen den einzelnen Besitzern hin- und hergeschoben, vererbt oder verkauft wurden. Damit hatte der Ort zwar nicht seine wirtschaftliche Tragkraft eingebüßt, aber jegliche politische Bedeutung verloren.
Wenn es angesichts der fragmentarischen Informationen überhaupt statthaft ist, auf gemeinsame Attitüden und Handlungsprinzipien zurückzuschließen, die die Vertreter des ersten Hauses Le Pallet in den zwei Jahrhunderten seiner Herrschaft prägten, so stellt man fest:
Obwohl die Palletais durchaus als engagiert und interessiert erscheinen, bleibt ihr politischer Aktionsradius alle Zeit eigenartig beschränkt. In den Grand affaires der Bretagne sind sie ebenso wenig vertreten wie in denjenigen des Anjou. Vergebens sucht man sie in den Annalen und in den großen Verträgen der Epoche. In den wenigen Dokumenten, in denen sie überhaupt erwähnt werden, wirken ihre Kontakte formell und unpersönlich. Möglicherweise hing ihnen als Bretons gallo, welche einst im Nantais südlich der Loire durch die Angeviner installiert worden waren, der Odem geringer Verlässlichkeit an: Für die Bretons bretonnants nördlich der Loire blieben sie heimliche Sympathisanten des Anjou, den Angevinern nach Gottfried Graumantel waren sie als gebürtige Bretonen verdächtig, und für die poitevinischen Nachbarn im Süden galt sowohl der eine wie der andere Vorbehalt. Spätestens ab 1040, vielleicht schon früher, bemühten sie sich um Loyalität gegenüber dem Grafen von Nantes, später gegenüber dem Herzog der Bretagne. Diese Gefolgstreue mündete jedoch nicht selten in politische Unbeweglichkeit. Obendrein stellten sich ihre Koalitionen als wenig vorteilhaft für die Weiterentwicklung des Ortes heraus. Deshalb erreichte kein Herr von Le Pallet, obwohl im Besitz der größten Turmburg des Westens befindlich, den Gipfel der politischen Karriere, weder im Anjou noch in der Bretagne.
Zumindest scheint der Ort in all dieser Zeit von größeren Naturkatastrophen und Kriegshandlungen verschont geblieben sein. Die Böden auf den Abhängen der Sèvre waren fruchtbar, und die Zusammenarbeit mit dem Konvent in Vertou forcierte den ökonomischen Aufschwung in Form des Weinbaus. Der Wein war es schließlich, der bis in die Neuzeit hinein die Domäne Le Pallet für Investoren attraktiv machte und dem Ort bis heute seinen Ruf bewahrt hat.
Der Besitzstand des ersten Hauses Le Pallet war komplex: Ein Großteil des Grundbesitzes erstreckte sich ins Anjou hinein, während der Fundus im Nantais zunächst nur einige Quadratkilometer um das Oppidum herum umfasste. Im Süden grenzte alsbald die konkurrierende Schlossherrschaft Clisson an, mit der man sich einige Orte teilen musste, im Nord-Westen reichte die Herrschaft nur bis zur Klosterdomäne von Vertou; die grüne Grenze lag bei La Haye-Fouassière. Vertou selbst verfügte aufgrund alter lehenseidlicher Bande über einige Liegenschaften innerhalb der Herrschaft Le Pallet selbst.
Darüber, wie sich vor Ort das Verhältnis zwischen der Herrenfamilie und der alteingesessenen Bevölkerung entwickelte, liegen so gut wie keine Informationen vor. Aber wenn man in der Geschichte der Schlossherrschaft zwischen den Zeilen liest, so kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die ersten Herren von Le Pallet eine eigenartige Ambiguität prägte: Vermutlich waren sie rührig, arbeitssam, geduldig und tief gläubig, aber durch ihr spezielles Karma auch zeitweise aufsässig, lebhaft und eigensinnig. Je isolierter sie aufgrund ihrer topographischen Randlage und ihrer familiären Herkunft waren, desto stolzer waren sie vermutlich auf ihre Abstammung und die Größe ihrer Vergangenheit. Unzählige Male frustriert über ihre unbefriedigende politische Situation, wird ihnen die innere Unabhängigkeit ein hoher Wert geworden sein. Dieses Streben nach Freiheit und Aktionsfähigkeit verführte sie jedoch bisweilen dazu, sich in politische Utopien zu verlieren oder zweifelhaften Koalitionen anzuhängen. Wenn es darauf ankam, war ein Herr wie Daniel von Le Pallet in seinem Non-Konformismus nicht einmal abgeneigt, sich einer offenen Rebellion anzuschließen und in diesem Zusammenhang Straßenräubereien zu begehen. Auf der anderen Seite würde es verwundern, wenn den Palletais die häufigen Rückschläge nicht auch ein gewisses Maß an Misstrauen gegenüber illusorischen Versprechungen, eine tiefe Aversion gegen Gängelungsversuche von Außen und ein gesteigertes Rechtsempfinden eingebracht hätten, vielleicht sogar im Einzelfall ungute Rache- und Revanchegefühle. Allerdings ließ es ihre Religiosität nicht zu, einmal begangenes Unrecht längere Zeit ungesühnt zu lassen. So betätigte z. B. derselbe Daniel, der in seiner Jugend so sehr aufbegehrt hatte, im Alter als edler Spender und Wohltäter von Konventen.
Es wäre uns nicht wert gewesen, all diese aus der Recherche extrapolierten Haltungen zu erwähnen, wenn sie sich nicht so wunderbar in den bekannten Wesenszügen Peters Abaelard wiederspiegeln würden, der mit der Herrenfamilie verwandt war. Der Philosoph, der in seiner aktiven Zeit wegen seiner genialen Ideen, seinem Drang nach intellektueller Freiheit, seiner Streitbarkeit und seinem Non-Konformismus ebenso sehr verehrt wie gehasst wurde, hatte das Glück, die genannten Haltungen seiner Vorfahren in der einzigen längeren Friedens- und Ruhephase in sich aufzunehmen, die dem Ort Le Pallet im Mittelalter vergönnt war. Die unauslöschlichen Eindrücke seiner Kindheit, die er dort verbrachte, veranlassten ihn zu dem eingangs erwähnten Wort: „Ich erwies mich aufgrund der Wesensart meiner Heimat bzw. meiner Abstammung als ein Mensch leichten Herzens ...“
Deutlich zu machen, was er damit gemeint haben könnte, war ein weiteres Ziel dieser Arbeit.