Voltaire (1694 - 1778)

Voltaire hieß eigentlich François-Marie Arouet; er wurde am 21.11.1694 in Paris als Sohn eines Notars geboren. Von 1704 bis 1711 erhielt er eine hervorragende Ausbildung im Jesuitenkolleg Louis-le-Grand. Mit 16 Jahren verließ er die Schule und schloss Freundschaft mit einigen Aristokraten. Schon damals übte er sein dichterisches Talent. Im Jahre 1717 wurde er wegen einer Satire auf Ludwig XIV. in der Bastille inhaftiert. Während der elf Monate Haft schrieb er sein erstes Stück Oedipe. Im selben Jahr nahm er den Künstlernamen Voltaire an. Zunächst, bis 1718, stand er wieder in der Gunst des Hofes, kam jedoch wegen Verletzung eines Adeligen 1726 erneut in die Bastille, anschließend weilte er bis 1729 in England im Exil. Wegen seiner Lettres philosophiques ou lettres anglaises aus dem Jahre 1734, die die englische Literatur, Philosophie und Staatsverfassung behandelten, nebenbei aber die französischen Zustände scharf kritisierten, musste Voltaire in die Champagne fliehen; er lebte dort in Cirey auf dem Schloss der Marquise du Châtelet - mit Unterbrechungen bis 1749. Voltaire hatte Kontakt mit vielen Größen Europas. Am 15.12.1745 machte er Bekanntschaft mit Jean-Jacques Rousseau. Doch diese Freundschaft hielt nicht an, später - 1760 - kam es zum Bruch mit Rousseau. In den Jahren 1750 bis 1753 war Voltaire Gast Friedrichs des Großen in Berlin, wurde aber in Ungnade entlassen. Seit 1754 war er Mitarbeiter an der Encyclopédie. Nach Aufenthalten im Elsass und in der Schweiz lebte er seit 1760 auf seinem Schloss Ferney bei Genf  - auf französischem Boden. Ferney wurde bald die intellektuelle Hauptstadt Europas. Während der Exiljahre produzierte Voltaire eine Menge Bücher, Schauspiele, Briefe und Pamphlete. Als Held kehrte er im Alter von 83 Jahren nach Paris zurück. Doch die Anstrengungen der Reise überforderten seine Kräfte, nach Ehrungen durch die Academie Francaise verstarb Voltaire am 30. Mai 1778 in Paris. Wegen seiner Kritik an der Kirche wurde dem toten Voltaire die Bestattung in einem Kirchhof verweigert. Schließlich wurde er in einer Abtei in der Champagne bestattet. Im Jahre 1791 wurde er in das Panthéon in Paris umgebettet. Doch auch jetzt war Voltaire keine Totenruhe vergönnt. Im Jahre 1814 wurden seine Überreste von einer Gruppe von Ultraorthodoxen gestohlen und auf den Müll geworfen. Erst 50 Jahre später wurde die Leichenschändung entdeckt. Sein Herz jedoch war von der Leiche getrennt aufbewahrt worden und liegt jetzt in der Bibliotheque Nationale in Paris. Sein Gehirn war vorher bei einer Auktion verloren gegangen.

Voltaire ist der bedeutendste Vertreter und der Führer der europäischen Aufklärung. Seine Werke umfassen das gesamte Ideengut der Epoche. Voltaire verteidigte Toleranz, Menschenrechte und -würde u. Vernunft. Er wandte sich gegen die Rousseau'sche Verherrlichung des Naturzustands. Hinter der Gesetzmäßigkeit der Natur erkannte er Gott als einen vernünftigen Urheber; Voltaire betonte besonders die praktische Bedeutung des Gottesglaubens. Seine philosophischen Hauptwerke sind Traité de métaphysique, 1734, Le Mondain, 1736, Sur l'homme, 1738, Éléments de la philosophie de Newton, 1738, Dieu et les hommes, 1769, dazu die Artikel aus der Encyclopédie, zusammengefaßt im Dictionnaire philosophique, 1764, bearbeitet in Questions sur l'Encyclopédie, 1770-1772. Als Historiker wirkte Voltaire durch kritisches Quellenstudium bahnbrechend. Er betrachtete die Geschichte unter dem Aspekt der kulturellen Entwicklung. Sein historisches Hauptwerk ist der Essai sur l'histoire générale et sur les moeurs et l'esprit des nations, 1756, daneben: Histoire de Charles XII., 1731, dt. 1733, Le Siècle Louis XIV., 1751, dt. 1887, u. a.

Lettres à M. de Voltaire sur La Nouvelle Heloïse de Jean-Jacques Rousseau Citoyen de Genève

Vier Briefe vom Februar 1761 über J. J. Rousseaus "La Nouvelle Heloïse" sind erhalten, von denen mit einiger Wahrscheinlichkeit angenommen wird, dass sie von Voltaire unter dem Namen eines Zeitgenossen, Marquis de Ximenez, verfasst wurden, nachdem Voltaire offiziell mit Rousseau bereits gebrochen hatte; in ihnen setzt sich Voltaire kritisch mit Werk und Autor der Nouvelle Heloïse auseinander. Eine Aufnahme dieser Briefe in Voltaires Gesamtwerk ist bislang nicht erfolgt. An dieser Stelle seien seine Bemerkungen über die historischen Personen Abaelard und Heloïsa zitiert:

Deuxième lettre - Zweiter Brief - Anfang

MONSIEUR,

Qui ne connaît les aventures d´Heloïse et d´Abélard? Qui ne sait que cet homme illustre balança toujours la réputation de saint Bernard, et quelquefois son crédit? Il eut un mérite très rare, des faiblesses communes, des malheurs singuliers. Les amours et les lettres d´Abélard et d´Heloïse vivront éternellement:

Vivunt qui commissi calores Helosiae calamis puellae.

La vérité surtout met le sceau de l´immortalité aux lettres touchantes que ces deux amants s´écrivirent. Elles ont été traduites en vers et en prose dans toutes les langues. Jean-Jacques s´est mis à inventer cette ancienne histoire sous d´autres noms; mais, fâché qu´un homme aussi bien fait, et d´une figure aussi agréable qu´on nous peint Abélard, eût perdu dans le cours de ses amours le principal mérite de sa figure, il a retranché de son roman cette particularité de l´histoire: et comme il est aussi grand, aussi noblement fait qu´Abélard; comme il est, ainsi que lui, l´objet des soupirs de toutes les dames de Paris, il s´est fait le héros de son roman. Ce sont les aventures et les opinions de Jean-Jacques qu´on lit dans la Nouvelle Heloïse, et que malheureusement vous n´avez pas lues...


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