Gottfried August (Jocosus Hilarius) Bürger (1747-1794)

Gottfried August Bürger gilt als die literarische Hauptgestalt des deutschen Sturm und Drang im 18. Jahrhundert.

Gottfried August Bürger wurde am 31.12.1747 in einem kleinem Dorf im Ostharz geboren. Sein Vater, Dorfpfarrer, kümmerte sich wenig um die Ausbildung seines Sohnes. So kam Bürger auf Veranlassung seines Großvaters 1760 in das Pädagogium in Halle, anschließend studierte er bis 1766 an der Theologischen Fakultät der Universität Halle, ab 1768 an der Universität Göttingen Jura. 1772 wurde er Amtmann in der Gerichtshalterstelle zu Alten-Gleichen bei Göttingen. Die Stelle brachte viel Arbeit, war jedoch wenig lukrativ. Trotzdem war dies seine beste Zeit: Er pflegte Kontakt mit den so genannten Hainbund-Dichtern, die er alle überragte. Aus dieser Zeit stammt Bürgers Großballade Lenore. Hochfliegende Pläne schlugen im weiteren fehl: Lotteriespiel, eine Verlagsgründung, Auswanderung, Pacht eines Landgutes. Er ehelichte Dorette Leonhardt 1774, verliebte sich jedoch anschließend in deren Schwester Auguste, die er als Molly in seinen Gedichten verewigte. Nach dem Tod der Ehefrau heiratete Bürger Auguste, welche jedoch ihrerseits nach nur siebenmonatiger Ehe verstarb. Mit Hilfe von Georg Christoph Lichtenberg wurde er 1784 Privatdozent an der Göttinger Universität, wo er bis zu seinem Tode Vorlesungen und Übungen über Ästhetik, Stilistik, deutsche Sprache und Philosophie hielt. 1787 erhielt er die Ehrendoktorwürde, 1789 wurde er zum außerordentlichen Professor ernannt, bekam jedoch weiterhin keine feste Anstellung. Seine dritte Ehe wurde 1792 geschieden. 1791 unterlag er der scharfen Kritik Friedrich Schillers. Vereinsamt starb er am 8.6.1794 an Schwindsucht. Seine wichtigsten Werke: Lenoren-Ballade (1773), Münchhausen (1786), Gedichte.

 

Poetische Bearbeitung von Brief V: Heloïse an Abälard

Ein in Vergessenheit geratenes Gedicht Bürgers, wieder aufgefunden in einem Werk von Franz Weiß: Bitte - HIER - klicken!

Die Umarmung

Ein weiteres Gedicht, in dem Bürger auf Heloïsa und Abaelard Bezug nimmt.

 

Wie um ihren Stab die Rebe
Brünstig ihre Ranke strickt,
Wie der Efeu sein Gewebe
An der Ulme Busen drückt,

Wie ein Taubenpaar sich schnäbelt,
Und auf ausgeforschtem Nest,
Von der Liebe Rausch umnebelt,
Haschen sich und würgen läßt:

Dürft ich so dich rund umfangen!
Dürftest du, Geliebte, mich! -
Dürften so zusammenhängen
Unsre Lippen ewiglich! -

Dann, von keines Fürsten Mahle,
Nicht von seines Gartens Frucht,
Noch des Rebengottes Schale,
Würde dann mein Gaum versucht.

Sterben wollt ich im Genusse,
Wie ihn deine Lippe beut,
Sterben in dem langen Kusse
Wollustvoller Trunkenheit. -

Komm, o komm, und laß uns sterben!
Mir entlodert schon der Geist.
Fluch vermachet sei dem Erben,
Der uns von einander reißt!

Unter Myrten, wo wir fallen,
Bleib uns Eine Gruft bevor!
Unsre Seelen aber wallen
In vereintem Hauch empor,

In die seligen Gefilde,
Voller Wohlgeruch und Pracht,
Denen stete Frühlingsmilde
Vom entwölkten Himmel lacht;

Wo die Bäume schöner blühen,
Wo die Quellen, wo der Wind,
Und der Vögel Melodien
Lieblicher und reiner sind;

Wo das Auge des Betrübten
Seine Tränen ausgeweint,
Und Geliebte mit Geliebten
Ewig das Geschick vereint;

Wo nun Phaon, voll Bedauren,
Seiner Sappho sich erbarmt;
Wo Petrarca ruhig Lauren
An der reinsten Quell' umarmt;

Und auf rundumschirmten Wiesen,
Nicht vom Argwohn mehr gestört,
Glücklicher bei Heloisen
Abälard die Liebe lehrt. -

O des Himmels voller Freuden,
Den ich da schon offen sah! -
Komm! Von hinnen laß uns scheiden!
Eia! wären wir schon da! -


[Zurück zur letzten Seite] [Zum Seitenanfang]